Samstag, 28. Juli 2012

Das Schicksal der weißen Pferde von Frank Westerman




Verlag: C.H. Beck
Preis: 19,95€
Seiten: 287


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Kurzbeschreibung:


Frank Westerman erzählt die Geschichte des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Geschichte der Lipizzaner-Pferde. Der Leser verfolgt atemlos mit, wie gekrönte Häupter und Diktatoren um die "perfekten Tiere" kämpften - und gewinnt dabei erstaunliche Erkenntnisse über das Selbstverständnis des Menschen und sein Streben nach eigener Perfektion.

Cover: 
Das Buch selbst ist in schlichtem Weiß gehalten: Die Farbe der meisten Lipizzaner. Vorne auf dem Cover ist eine Herde abgebildet, die von Panzern und Soldaten angetrieben wird. Man sieht die weißen Pferde zusammen mit Fohlen, wie sie laufen. Dieses Bild zeigt schon einen der Inhalt des Buches: Die Flucht der Lipizzaner.

Zitat:
„Pferderennen konnte man Piet zufolge am besten mit den jährlichen Motorradrennen in Assen vergleichen. Doch auch die verfeinerten Bewegungsarten waren ihm nicht raffiniert genug. Springen war Leichtathletik. Dressur: Turnen. Was wir auf De Tarpan betrieben, was „klassische Reitkunst“, und der Name sagte es schon: Es war Kunst. Ballett.“ –Seite 24 
Details und meine Meinung:
Dreht man den Buchumschlag um, liest man zuerst den Klappentext und dann drei Zitate über das Buch. In diesen wird der Autor als „magischer Erzähler“ bezeichnet. Wichtiger finde ich jedoch das dritte Zitat von René Aguigah: „Dass Westerman seine Detejtiv-Recherche reportagehaft erzählt, bringt doppelten Ertrag: Er macht die Geschichte Lesern zugänglich, die eine herkömmliche historische Studie zum selben Thema aus der Hand legen würden.“
Das hat mich neugierig gemacht. Ist es wirklich eine historische Studie? Ja. Aber das merkt man überhaupt nicht. Man glaubt einen Roman zu lesen, während man an die Gentechnologie herangeführt wird, an all die Kriege und historischen Ereignisse des zwanzigsten Jahrhunderts, an biografisch-ähnlichen Geschichten von wichtigen Personen und natürlich lernt man die Geschichte der Lipizzaner kennen. Und zwar nicht nur die Wiener Lipizzaner, sondern alle.
Ich muss zugeben, am Anfang war ich etwas skeptisch, doch der Schreibstil war von der ersten Seite an überzeugend! Aufgeteilt ist das Buch in drei Teile und vor jedem Teil ist eine Karte gedruckt, die die Fluchtwege und Wanderrouten der Lipizzaner zeigt, damit man sich all die genannten Orte auch zuordnen kann. Auch wenn man manchmal fast den Überblick bei so vielen Namen und Orten und Daten verliert, kommt man irgendwie doch immer wieder rein.
Man lernt die Lipizzaner kennen, auch berühmte Pferde mit ihrer Abstammung, aber man lernt auch etwas über die Zucht der edlen Tiere und ihre Entstehung. Man lernt die fünf Abstammungslinien kennen, allen voran der schwarze Conversano, dessen Gene immer wieder manchmal vorkommen und einen der seltenen schwarzen Lipizzaner hervorbringen.
Gene, ein weiteres wichtiges Thema des Buches. Wie Gene vererbt werden (übrigens auf den Seiten 86 und 87 sehr anschaulich anhand des Fruchtfliegenexperiments erläutert) und die verschiedenen Theorien darüber, von Mendel bis Hitler und Stalin bis zu Genforschern des 21. Jahrhunderts kommt alles vor. Und wenn man all das gelesen hat, fühlt man sich eindeutig schlauer.
Biologie und Geschichte, die einem untergejubelt werden, während man glaubt, einen Roman zu lesen. Und ich musste mir immer wieder sagen, dass all das, was in diesem Buch steht, real und nicht fiktiv ist.
Mich hat das Buch sogar sehr berührt, nämlich als die Lipizzaner nach dem Zweiten Weltkrieg in die amerikanische Besatzungszone gebracht werden sollten (zu ihrem Schutz) und ein ungefähr fünfzehn der Hengste ausbrachen. Oberst Rudofsky blieb in dem leeren Gestüt zurück und wartete auf die Russen, als vier der Hengst zurückkehrten und ein Stallbursche ihm davon berichtete. Der Stallbursche nannte sie alle beim Namen, denn sie standen in ihren eigenen Boxen.
Aber es geht nicht nur um Geschichte, denn noch vor wenigen Jahren (vielleicht auch immer noch) wurde das Gestüt in Lipica wiedereröffnet und einige der Lipizzaner von einem Tierquäler befreit.
Anhand der Lipizzaner zeigt uns der Autor die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts und noch ein wenig darüber hinaus. Es geht um die Sicht des Menschen, erläutert dadurch, wie er mit den edlen Pferden umgeht. Und genau das sieht man auf der letzten Seite (274): Sie fasst sich wieder und sagt: „Sie haben die grausamste Facette der Natur gesehen.“ „Nein“, korrigierte Mile sie. „Die grausamste Facette der menschlichen Natur.“
Es heißt auf Seite 25: „Wenn du einen Lipizzaner berührst, berührst du Geschichte.“
Aber wenn man das Buch berührt, dann berührt man die Geschichte der Lipizzaner, die Westerman für Nicht-Historiker aufgeschrieben hat, damit Pferdeliebhaber und Geschichtsbegeisterte sie kennenlernen können.



Fazit: 
Interviews, Filmanalysen, Bücher, Zitate; all das verbindet Westerman geschickt und schafft damit ein Buch, das sowohl spannend als auch informativ ist und vor allem, aber nicht nur, für Pferdefreunde ein Muss.

Wie würde ich das Buch in einem Satz beschreiben? 
Spannendes Sachbuch mit einer gelungenen Mischung aus Theorie und Erzählung.

An dieser Stelle ein herzliches Danke an den C.H.Beck http://www.chbeck.de/ Verlag und an Blogg dein Buch http://www.bloggdeinbuch.de/

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